Übung: Zentrierende Ausatmung für Anspannung dann, wenn du sie brauchst!

Eine Frau in Yogakleidung sitzt auf einer Yogamatte

Darum geht's

Damit dein Beckenboden flexibel arbeiten kann, solltest du lernen, ihn nur dann anzuspannen, wenn du die Kraft auch wirklich brauchst.

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Ist dein Beckenboden zu schwach – oder vielleicht zu verspannt? Oder eine Mischung aus beidem? In meinem Blogartikel zum „Mythos schwacher Beckenboden“ habe ich dir erklärt, warum auch ein dauerhaft zu stark anspannender Beckenboden ein Problem sein kann. Jetzt willst du bestimmt wissen, was du dagegen tun kannst. Hier kommt eine (von vielen möglichen 😉 ) Antwort!

Was wir wollen, ist Folgendes: einen Beckenboden, der anspannt, wenn es nötig ist. Der aber auch loslassen und entspannen kann, wenn er nicht akut gefragt ist. Denn ein Beckenboden in Daueranspannung kann zu diversen Symptomen führen – von unspezifischen Rückenschmerzen bis zu Belastungsinkontinenz (z.B. beim Husten oder Niesen). 

Den Beckenboden zu entspannen, kann sich sehr ungewohnt anfühlen und auch das Gefühl einer „offenen Flanke“ machen. Wir sind es schließlich gewohnt, uns „untenrum“ fest zu machen. Das gibt uns ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität. Und das ist ja auch ganz richtig so! In belastenden Situationen, z.B. wenn wir etwas Schweres heben oder auch in anstrengenden Yoga Haltungen, soll unser Beckenboden sich schön stark machen und die Bewegung unterstützen. Aber wenn wir die Stärke nicht brauchen, sollen und müssen wir eben auch wieder loslassen. Zum Glück kann man das sehr gut lernen!

Anspannung lernen – Entspannung zulassen

Ich habe folgende Erfahrung gemacht: Wenn wir lernen, in Belastungs-Momenten bewusst anzuspannen, fällt es uns viel leichter, in den anderen Situationen, in denen wir weniger bis gar keine Kraft brauchen, entspannt loszulassen. Wenn du also übst, deinen Beckenboden und die unterstützende Rumpfmuskulatur (den „Core“) bewusst stark zu machen, bist du schon ein gutes Stückchen weiter auf deinem Weg zu einem flexiblen Beckenboden.  

Ich bringe meinen Kursteilnehmer/innen deswegen als eine der ersten Übungen die „Zentrierende Ausatmung“ bei, die sie dann in allen fordernden Yoga-Asanas (Haltungen) anwenden sollen, um Beckenboden und Rücken zu schützen. Hier kommt eine Kurzanleitung für dich:

Übungsanleitung „Zentrierende Ausatmung“

Info für (werdende) Mütter: Du kannst diese Übung sowohl in der Schwangerschaft als auch nach der Geburt machen. Sie eignet sich sogar ganz besonders gut fürs frühe Wochenbett! Dann übe bitte in Rückenlage und sehr sanft. Alle anderen können es so üben:

  1. Setz dich aufrecht im Schneidersitz oder Fersensitz hin, am besten auf ein dickes Kissen oder eine mehrfach gefaltete Decke. Spüre deine Sitzbeinhöcker schwer werden und lass dein Steißbein entspannt in Richtung Boden sinken.
  2. Stell dir nun vor, dass du einen Geburtstagskuchen mit 100 Kerzen (mindestens!) vor dir hast. Atme tief ein und puste mit dem Ausatmen und leicht geöffnetem Mund alle 100 Kerzen aus. Puste gleichmäßig und langanhaltend – nicht kurz und kräftig. 
  3. Während du deine Kerzen auspustest, achte darauf, das zeitgleich folgendes in deinem Körper passiert:
  4. Der untere Bauch saugt leicht nach innen-oben (kein forciertes Aushöhlen, sondern ein mit-dem-Ausatmen-nach-innen-fließen-lassen). Es sollte sich so anfühlen, als würde sich deine Muskulatur wie ein Korsett um deinen gesamten Rumpf enger ziehen.
  5. Dein Dammpunkt (Punkt zwischen Vaginal- und Afterausgang) steigt leicht nach oben. Auf keinen Fall solltest du den Beckenboden nach unten drücken!
  6. Die vorderen Darmbeinstacheln (die Knochen, die du links und rechts vorne an deinem Becken tasten kannst) ziehen zueinander.
  7. Deine Sitzbeinhöcker ziehen zueinander und dein Steißbein längt sich in Richtung Boden.
  8. Bleib dabei im Oberkörper aufrecht und stabil! Die Bewegung findet nur in deinem Bauch und Beckenboden statt.
  9. Bei jeder Einatmung lässt du alles los, Bauch und Beckenboden werden wieder weich und entspannt.
  10. Mit jeder Ausatmung zentrierst du dich und spannst Beckenboden und Core an, indem du deine 100 Kerzen auspustest und dabei den weiteren Anleitungen oben folgst. 

Wende die Übung in deinem Alltag an

Und jetzt kommt der Clou: Diese zentrierende Ausatmung kannst du nicht nur im Sitzen, Liegen oder Stehen üben, sondern auch in deinem Alltag oder beim Training anwenden! Jedes Mal, wenn du Kraft aufbringen musst, machst du deinen Beckenboden und Core ganz stark. Danach lässt du dann bewusst wieder los.

So lernst du nach und nach, immer nur dann anzuspannen, wenn du die Spannung auch wirklich brauchst. Übrigens: auch leichtere Alltagstätigkeiten wie Gemüse mit einem Messer schneiden oder den Abwasch machen kannst du mal mit der zentrierenden Ausatmung koppeln. So bekommst du ein prima Gefühl für eine etwas sanftere Core/Beckenboden-Aktivität. 

Mit mehr und mehr Übung wirst du dann auch nicht mehr ständig deine Kerzen auspusten müssen. 😉 Du wirst merken, dass dir das „Anspannen bei Kraft“ und „Entspannen bei Ruhe“ in Fleisch und Blut übergehen und mit deiner ganz normalen Atmung fließen wird.

Zum Schluss noch die Antwort auf die wohl häufigste Frage: 

Was mache ich, wenn ich bei der Zentrierenden Ausatmung so gar nichts spüre? 

Das kann ein Zeichen dafür sein, dass du sehr stark in der Daueranspannung feststeckst. Du bist also schon so angespannt, dass da einfach keine Spannung mehr oben drauf geht. Übe dann zunächst Beckenbodenentspannung (schau dazu unter dem Tag „Entspannung“ nach) und komme später wieder zur Zentrierenden Ausatmung zurück.

Vielleicht brauchst du aber auch nur etwas Zeit, um neue Nervenverbindungen zwischen Gehirn und restlichem Körper zu schaffen. In dem Fall übe einfach weiter, stelle dir die Bewegungen vor und schaue, ob du Fortschritte bemerkst. Oder schreib mir und wir vereinbaren eine gemeinsame Übungsstunde!

Nutze ansonsten auch gerne den Kommentarbereich für deine Fragen! Und lies gerne meinen Blogartikel, in dem ich genauer darauf eingehe, warum sowohl Anspannung als auch Entspannung wichtig für deinen Beckenboden sind.

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Weitere Blogartikel und Übungen:

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2 Antworten

  1. Ich beschäftige mich auf Grund von starken körperlichen Beschwerden im Bereich Beckenboden, Bauchwand und Zwerchfell/Brustkorb schon eine ganze Weile mit dem Thema.

    Auch diese schöne Übung kenne ich schon längere Zeit und praktiziere sie regelmäßig.

    Doch insbesondere mein Unterbauch (vor allem der mittige Teil des Unterbauchs), also vom Nabel abwärts bis zum Schambein, ist wie „tot“.

    Ein richtiges Durchhängegefühl und auch optisch zu erkennen: Als ob die Organe alle runtergefallen sind und sich im Unterbauch sammeln/stapeln.

    Da saugt sich nichts ein beim Ausatmen, sondern es bleibt alles so gewölbt wie vorher. Obwohl ich die Spannung des Beckenbodens beim Ausatmen spüren kann. (Eher am Ende der Ausatmung, am Anfang noch nicht so.)

    Ich glaube, mein Bindegewebe ist komplett ausgeleiert.

    1. Liebe Milena, danke für deinen Kommentar. Ohne mit dir gearbeitet zu haben, kann ich natürlich nicht viel zu deinem Problem sagen. Hast du mal eine, möglichst auf den Core- und Beckenbodenbereich spezialisierte Physiotherapeutin konsultiert?

      Um dir vielleicht ein bisschen Sorge zu nehmen: Bindegewebe leiert nicht „einfach so“ komplett aus. Gerade im Unterbauch gibt es ein komplexes Zusammenspiel aus vielen verschiedenen Muskeln und Faszien. Die Frage, die du dir stellen kannst, ist vielleicht: warum kannst du diesen Teil deines Körper aktuell nicht gut ansteuern? (also: die Ursache finden, z.B. alte Kaiserschnittnarbe, ausgeprägte Rektusdiastase o.a.) und dann weiterschauen und fragen, wie du das ändern kannst.

      Wenn du sagst, dass bei dir diese Übung gar nicht funktioniert, obwohl du sie regelmäßig übst, dann würde ich dir sehr raten, dir Hilfe zu holen und nach der Ursache zu suchen. Vielleicht hilft dir diese Liste weiter: https://www.ag-ggup.de/therapeutenliste/therapeutenliste-beckenboden/

      Alles Gute für dich und ich freue mich, wenn du mich auf dem Laufenden hältst. 🙂

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