Den Beckenboden in deine Yogapraxis, ein anderes Training oder auch in deinen Alltag einzubeziehen, ist kein Hexenwerk. Allerdings solltest du dazu ein bisschen was über deinen Beckenboden wissen! Wichtig ist zum Beispiel, dass du bei deiner Übung immer an alle Schichten deines Beckenbodens denkst. Und dazu musst du sie erst mal kennenlernen! Hier stelle ich dir die innerste und größte Muskelschicht deines Beckenbodens vor.
Vielleicht kennst du die immer noch sehr geläufige Anleitung, einfach gelegentlich mit deiner Vaginalmuskulatur „Aufzug zu fahren“ oder dir vorzustellen, dass du eine Murmel oder einen anderen kleinen Gegenstand mit deiner Vagina oder deinem After aufhebst. Diese Übungen haben ihren Sinn, sprechen aber vor allem die oberflächliche Muskulatur des Beckenbodens an.
Denn eines wird viel zu oft nicht gelehrt: Dass die wahre Stärke des Beckenbodens sich in den tiefen Schichten verbirgt. Die innerste Beckenbodenschicht ist nämlich auch die größte. Und auch wenn Größe nicht immer alles ist (hihi) – beim Beckenboden ist es tatsächlich so, dass die innerste Schicht im Grunde auch die wichtigste, da kräftigste ist.
Was du wirklich über die innerste Muskelschicht wissen musst
Ein bisschen werde ich gleich noch mit lateinischen Fachbegriffen um mich schmeißen. Wenn dir das zu viel ist: Kein Problem. Lies einfach den folgenden Absatz und du hast einen ausreichend guten Eindruck von deiner innersten Muskelschicht, sodass du zukünftig gut mit ihr arbeiten kannst.
Während die äußere Beckenbodenschicht flächenmäßig relativ klein ist und die mittlere nur den vorderen Bereich des Beckenbodens abdeckt, füllt die innerste Schicht den gesamten Raum deines kleinen Beckens aus. Wie eine Schale liegt sie hier drin und sorgt dafür, dass die Organe des unteren Bauchraums nicht aus dir herauspurzeln.
Was sich erst mal kurios anhört, ist manchmal tatsächlich ernst: Bei schweren Beckenbodenproblemen oder -verletzungen kann es zu Organsenkungen (Prolapsen) oder im schlimmsten Fall sogar zu sogenannten Organvorfällen kommen. Dass Blase, Gebärmutter oder Scheidenwand sich weiter nach unten senken als geplant, kommt bei Frauen tatsächlich relativ häufig vor – ich habe mal gelesen, dass es bis zu jede zweite Frau betrifft, die ein Baby geboren hat.
Die gute Nachricht aber ist: Ein gutes Training für die innerste Beckenbodenschicht kann einer Organsenkung sehr gut vorbeugen oder sie in den meisten Fällen so verbessern, dass sie symptomfrei wird und keinen Einfluss aufs Alltagsleben hat.
Um effektiv mit deiner innersten Muskelschicht zu arbeiten, solltest du ihre knöchernen Ansatzpunkte kennen: Die Schicht aus Muskulatur und Bindegewebe verläuft längs von hinten nach vorne, nämlich vom Steißbein bis zu deinem Schambein. Zu den Seiten breitet sie sich fächerförmig hin aus und bildet so einen Trichter, der ungefähr so groß ist wie deine beiden Hände, wenn du mit ihnen eine Schale bildest.
Der Levator Ani
Diese Schale aus Muskulatur und Bindegewebe, die den innersten Teil deines Beckenbodens bildet, besteht zum Großteil aus dem sogenannten Anushebermuskel, auf Latein musculus levator ani. Dieser besteht wiederum aus einzelnen Muskel-Bindegwebs-Teilen, die einzelne Namen haben und die ich dir jetzt noch vorstellen will.
Schambein-Mastdarm-Muskel
Den innersten Teil des Muskelfächers, den der m. levator ani darstellt, bildet der Schambein-Mastdarm-Muskel oder musculus puborectalis. Er verläuft U-förmig um den Mastdarm herum und ist der wichtigste Darmschließmuskel.
Schambein/Steißbeinmuskel oder pc-Muskel
Den mittleren Fächerteil des m. levator ani bildet der Schambein/Steißbeinmuskel oder m. pubococcygeus. Ein bisschen berühmt geworden ist er als sogenannter „pc-Muskel“, der immer mal wieder hervorgekramt wird, wenn Illustrierte über die Steigerung des Sexualempfindend schreiben. Tatsächlich ist dieser Muskel wichtig für die Sexualität – noch ein Grund, dich deiner innersten Beckenbodenschicht zu widmen!
Steißbein-Darmbeinmuskel
Der äußere Teil des m. levator ani besteht aus dem Steißbein-Darmbeinmuskel oder musculus iliococcygeus. Dieser Muskel kann besonders gut mit dem Steißbein aktiviert werden – beim Hund ist es z.B. genau dieser Muskel, der beim Schwanzeinziehen aktiv wird.
Steißbeinmuskel
Noch weiter außen liegt der Steißbeinmuskel oder musculus coccygeus. Er ist nicht mehr Teil des m. levator ani, aber nicht minder wichtig. Wie sein innerer Partner, der m. iliococcygeus, ist er am Steißbein aufgehängt und breitet sich von dort fächerförmig aus.
Birnenförmiger Muskel
Der musculus piriformis gehört anatomisch gesehen nicht zum Beckenboden dazu, grenzt aber außen direkt an ihn an und wird auch von Experten (Vgl. Eric Franklin: Beckenbodenpower) als sehr wichtig für Spannung und Lage des Beckenbodens angesehen. Ich möchte ihn hier deswegen auch nennen. Besonders interessant ist dieser Muskel für alle, die häufiger unter Ischiasschmerzen oder Verspannungen im Kreuzdarmbeingelenk (Iliosakralgelenk) leiden. Dann sollte man speziell den m. piriformis dehnen und kräftigen. Der Muskel verläuft birnenförmig vom Kreuzbein bis zum Oberschenkel.
Aktiviere deine innere Beckenbodenschicht!
Jetzt weißt du bescheid, wie deine innerste Beckenbodenschicht aufgebaut ist und weshalb du gut auf sie achten solltest. Du bist also bestens gewappnet für erste Übungen mit dieser Muskelschicht. Schau dir dazu die passende Übung an: