Der weibliche Zyklus und das Beckenbodenempfinden hängen enger zusammen als man vielleicht zunächst denkt. In der Themenreihe „Zyklus und Beckenboden“ sind wir positiv gestartet und haben uns über die kraftvolle erste Zyklushälfte gefreut. Jetzt müssen wir unsere Erwartungen etwas zurückschrauben, denn der Beckenboden in der 2. Zyklushälfte verhält sich etwas anders – es geht wieder bergab!
Dieses „auf und ab“ ist ja ganz charakteristisch für den Zyklus. Das Gute ist: Am Ende geht alles immer wieder von vorne los. Deswegen lass dich von deiner zweiten Zyklushälfte nicht runterziehen! Nach deiner nächsten Periode wird es garantiert wieder besser, wenn Zyklushälfte 1 wieder startet.
Aber lass uns mal genau angucken, warum die zweite Zyklushälfte den meisten Frauen weniger Freude macht als die erste:
Der Beckenboden in der 2. Zyklushälfte
Im Artikel über die Follikel- und Eisprungphase hast du schon gelernt, dass dein Beckenboden sich in dieser Phase vor allem aufgrund des Hormons Östrogen so gut anfühlt. Östrogen wirkt stärkend aufs Bindegewebe – und damit auf rund 70% deines Beckenbodens!
Dummerweise fällt der Östrogenspiegel nach dem Eisprung sehr deutlich wieder ab. Der Grund ist: die Eizelle ist bereits gesprungen, Östrogen wird nun nicht mehr gebraucht. Dafür steigt der Level des Hormons Progesteron. Denn die Überreste der Eizelle verwandeln sich in eine Drüse, die man Gelbkörper nennt. Dieser Gelbkörper produziert für den Rest des Zyklus das Gelbkörperhormon aka Progesteron. Dieses Hormon sorgt dafür, dass die Gebärmutterschleimhaut weiter aufgebaut und erhalten wird – für den Fall, dass die Eizelle befruchtet wurde und in der Gebärmutter ein Baby heranwachsen soll.
Progesteron wirkt entspannend
Nicht genug, dass in der zweiten Zyklushälfte also bindegewebestärkendes Östrogen fehlt – zu allem Überfluss wirkt das nun gebildete Progesteron auch noch entspannend auf die Muskulatur! Das könnte auch die Empfindungen erklären, die meine Followerin Romina mir schildert:
„Ich hab seit den Schwangerschaften ein bisschen Probleme mit dem Beckenboden und manchmal fühl ich mich einfach „offen“. Anfangs hatte ich dann oft Angst – hab ich zu viel getragen? Was kann ich dagegen machen? Geht das wieder weg? Nun ist mir aufgefallen, dass das immer so etwa eine Woche bevor ich meine Tage bekomme sehr stark ist, also um Tag 20 und dann so 2-4 Tage etwa. Manchmal dann nochmal an den ersten Tagen des Zyklus.“
Romina, Teilnehmerin meiner Beckenbodenyoga Kurse
Dieses Gefühl von Offenheit ist ein ganz häufiges Symptom, das viele Frauen in der Zeit der zweiten Zyklushälfte kennen! Daneben kann es eine Reihe weiterer Empfindungen geben:
Übliche Beckenbodenempfindungen in der Lutealphase:
- Gefühl von Offenheit nach unten
- Schwächegefühl
- Schmerzen oder Muskelkatergefühl
- Verstärktes Fremdkörpergefühl
- Verschlimmerung von bestehenden Organsenkungen
- Inkontinenz
Diese Symptome müssen natürlich nicht vorkommen, aber sie können vorkommen, wenn der Beckenboden bereits eine Vorbelastung hat. Interessant ist, dass selbst Frauen, die in Zyklusphase 1 gar keine Symptome haben, in der zweiten Zyklushälfte dann doch die eine oder andere negative Beckenbodenempfindung kennen.
Welches Training in der zweiten Zyklushälfte?
Bei mir selbst ist es ebenfalls das Gefühl von Offenheit, das ich teilweise während der Lutealphase an meinem Körper spüre. Mir hilft es dann immer sehr, mir klar zu machen, dass dieses Gefühl nur temporär ist, dass es trotzdem unmöglich ist, dass etwas rausfällt – und dass ich meine Symptome mit angepasster Bewegung verbessern kann.
Womit wir zu Rominas zweiter Frage kommen, die lautet:
Kann ich auch an solchen Tagen trainieren (joggen wohl eher nicht, aber Yoga oder RYC)? Oder sollte ich da eher vorsichtig sein?
Romina, Teilnehmerin meiner Beckenbodenyoga Kurse
Kategorisch kann ich diese Frage weder mit „ja“ noch mit „nein“ beantworten. Schließlich kommt es immer darauf an, wie du dich fühlst und was dir gut tut! Auch Joggen ist in der zweiten Zyklushälfte absolut OK, solange dein Beckenboden sich währenddessen oder danach nicht unangenehm anfühlt.
Ich empfehle dir, einfach unterschiedliche Intensitäten von Training und Bewegung auszuprobieren. Es kann von Tag zu Tag sehr unterschiedlich sein, womit du dich gerade wohlfühlst. In meinen Augen ist Bewegung auf jeden Fall immer besser als keine Bewegung (mit Ausnahme der ersten ein bis zwei Tage deiner Periode, aber dazu kommen wir im nächsten Artikel).
Angepasstes Training ist hilfreich!
Eine an die zweite Zyklushälfte angepasste Bewegung kann sogar sehr hilfreich sein und mögliche Symptome verringern. Sehr häufig kommt es nämlich vor, dass du deinen Beckenboden umso mehr „festhältst“, je mehr du das Gefühl hast, dass er sich schwach anfühlt. In der Folge kommt es zu einem Teufelskreis: du spannst an, der Beckenboden verspannt und fühlt sich dadurch nicht fitter, sondern eher noch schwächer an. Und dann spannst du noch mehr an…
Mit sanften Dehnungen, Mobilisierungen und Beckenbodenentspannungen entkommst du aus diesem Teufelskreis. Und ist der Beckenboden erst wieder in der Balance, spricht in der zweiten Zyklushälfte auch nichts gegen leichte Aktivierungen und anspannende Übungen.
Beckenbodenyoga ist demnach das ideale Übungsprogramm auch in der zweiten Zyklushälfte! Die ausgewogene Mischung aus ent- und anspannenden Übungen tut insbesondere auch in der Lutealphase richtig gut.
Als nächstes zeige ich dir eine kleine Übungsabfolge, die ich besonders gerne mache, um meinen Beckenboden in die Entspannung zu bringen und meinen gesamten Beckenbereich zu mobilisieren. Um sofort informiert zu werden, sobald sie online ist, abonniere am besten meinen Newsletter!